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Im Dev-Umfeld verschwimmt die Grenze zwischen Programmieren und Prompten schon seit einigen Jahren. Auf die Spitze getrieben wird diese Entwicklung vom Vibe-Coding-Trend: Frühe KI-Entwickler-Tools wie GitHub Copilot waren vornehmlich darauf ausgelegt, Devs zu unterstützen. Etwa, indem sie Funktionen und Syntax ergänzten oder Boilerplate-Code aus Kommentaren generierten. Kommt ein Vibe-Coding-Ansatz zum Zug, beginnen menschliche Entwickler hingegen gar nicht erst damit, Code zu schreiben.
Dieses Konzept führt nicht nur zu veränderten Workflows, sondern erfordert auch, ein neues Mindset. Schließlich wird die Programmierarbeit mit Vibe Coding eher zu einer Art Live-Prototyping. In diesem Artikel lesen Sie:
- warum Vibe Coding Vibe Coding heißt,
- inwieweit sich dieser Ansatz für Unternehmen eignet,
- wie Vibe-Coding-Workflows konkret aussehen (können),
- welche Tools in diesem Bereich zu empfehlen sind,
- welche Risiken Sie dabei auf dem Schirm haben sollten, sowie
- Tipps dazu, wie Sie Vibe Coding effektiv in der Praxis umsetzen.
Vibe Coding – Begriffsdefinition
Der Begriff Vibe Coding wurde Anfang 2025 vom OpenAI-Mitbegründer Andrej Karpathy geprägt. Der KI-Experte trat den Trend mit einem Post auf dem Kurznachrichtendienst X los.
In diesem beschreibt Karpathy die Vibe-Coding-Methodik als eine neue Coding-Form, bei der man sich ganz den “Vibes” hingibt und vergisst, dass der Code überhaupt existiert. Amy Mortlock, Vice President of Marketing beim OSINT-Spezialisten ShadowDragon, erklärt das Konzept etwas weniger kryptisch: “Beim Vibe Coding beschreibt man in natürlicher Sprache, was man möchte, und die KI generiert dann die gesamte Anwendung und kümmert sich um alle technischen Details.”
Vibe Coding setzt also darauf, die traditionelle Programmierarbeit durch dialogorientierte Anweisungen und Kooperation mit einem KI-Assistenten zu ersetzen. Statt detaillierte Spezifikationen zu entwerfen und diese an die Engineers weiterzugeben, können Produktmanager, Fachexperten – oder jeder andere, der eine Idee hat – in einfacher Sprache beschreiben, wie das Ergebnis aussehen soll. Die KI-Software erledigt dem Rest in Echtzeit. Allerdings geht es dabei weniger darum, die Softwareentwicklung durchgängig zu automatisieren.
Vielmehr stehen Mindset-Veränderungen im Fokus: Warum sollte man nicht der KI die Mechanik überlassen und sich stattdessen auf die Ausrichtung, das Feedback, den Flow und die “Vibes” konzentrieren? Schließlich werden die Modelle, die Tools wie Cursor oder GitHub Copilot zugrunde liegen, immer performanter. Deswegen sehen auch viele Developer ihre Arbeit inzwischen vorwiegend als einen Dialog mit der KI – statt sich zeilenweise selbst durch Syntax zu wühlen.
Und obwohl auch bei einem Vibe-Coding-Ansatz diverse Probleme und Herausforderungen auf den Plan treten können (dazu später mehr): Die Technik gewinnt zunehmend an Popularität – auch im Unternehmensumfeld.
Vibe Coding im Unternehmen
Wie das in der Praxis konkret aussieht, beschreibt Charles Ma, Softwareentwickler beim Observability-Spezialisten Chronosphere: “Viele unserer Entwickler nutzen Tools wie Cursor und Claude Code. Wir fördern deren Einsatz sogar über ein Nutzungs-Leaderboard. Dabei betrachten wir die Tools jedoch als Assistenten, nicht als Dev-Ersatz. Unser Code-Review-Prozess ist weiterhin Pflicht für jeden Produktionscode – und wir sehen eher davon ab, viele unserer oder gar externe Tools mit KI zu verbinden.”
In der Perspektive von Achint Agarwal, Vice President of Product beim KI-Anbieter Pramata, hat Vibe Coding vor allem die Art und Weise verändert, wie Teams vom Konzept zum Prototyp gelangen: “Früher mussten UI/UX-Designer und Entwickler zusammenarbeiten, um eine Idee in etwas zu verwandeln, mit dem Kunden interagieren konnten. Dieser Prozess konnte leicht mehrere Wochen dauern und diverse Überarbeitungsrunden umfassen.”
Heute, so Agarwal, könne ein Produktmanager oder Fachexperte einfach in natürlicher Sprache formulieren, was er sich vorstellt, und die KI generiere funktionierenden Code in Prototyp-Qualität. “Bei dieser Veränderung geht es um mehr als nur Geschwindigkeit: Auch die Qualität der Ergebnisse ist besser, weil die Person, die den Anforderungen am nächsten steht, während des gesamten Prozesses die Kontrolle behält und es keine Reibungsverluste durch Übergaben gibt”, fügt der Manager hinzu.
Auch Agarwal sieht in Vibe Coding kein Substitut für die traditionelle Softwareentwicklung, sondern vor allem ein Explorations- und Validierungs-Tool: “Dev-Teams ist es damit möglich, in kurzer Zeit funktionierende Prototypen zu erstellen, diese mit Kunden zu testen und zu überprüfen, ob die Idee sinnvoll ist. Fällt diese Prüfung positiv aus, kann der Prototyp an die Engineers gehen, die ihn mit Blick auf Skalierbarkeit, Sicherheit und langfristige Integrationen weiter ausbauen.”
Wie sieht ein Vibe-Coding-Workflow aus?
Es gibt keine allgemeingültige Blaupause für Vibe Coding. Entsprechend gehen auch die Ansichten darüber auseinander, wie ein typischer Vibe-Coding-Workflow aussieht. Kostas Pardalis, Data Infrastructure Engineer beim KI-Lösungsanbieter Typedef, beschreibt diesen als agilen, vierstufigen Prozess:
- die Erkundungsphase, in der der “Vibe”, der Zweck und die Einschränkungen definiert werden.
- die Gestaltungsphase, in der ein funktionierender Prototyp erstellt und verfeinert wird.
- die Grounding-Phase, die genutzt wird, um Struktur und Datenintegrität hinzuzufügen.
- die Operationalisierungsphase, in der Versionierung, Evaluierung und Governance hinzukommen.
Steve Croce, Field CTO beim Open-Source-Unternehmen Anaconda, steht hingegen auf dem Standpunkt, dass der Vibe-Coding-Workflow davon abhängig ist, ob ein Prototyp, eine Zwischenlösung oder eine vollständige Produktionsapplikation entwickelt werden soll. Basierend darauf, orientiert sich der Vibe-Coding-Workflow in der Vision des Technologieentscheiders eher am traditionellen Software Development Lifecycle – fußt jedoch ebenfalls auf vier Stufen:
- In der Phase der Planungs- und Anforderungsanalyse könnten Produktmanager und UX-Teams demnach voll und ganz auf Vibe Coding setzen und so vor der formellen Entwicklung klickbare Prototypen und Machbarkeitstests erstellen.
- Im Rahmen der Design-Phase kann KI laut Croce dabei unterstützen, Architekturen und Dokumentationen zu erstellen. Der Manager weist allerdings darauf hin, dass es in dieser Phase auch hilfreich sein könne, erfahrene Engineers oder Architekten hinzuziehen, um die Einhaltung von Standards und die Reusability interner Systeme zu gewährleisten.
- Als Kernbereich der Vibe-Coding-Experience sieht Croce die Implementierungs- und Testphase: Ein KI-Agent könne an dieser Stelle die gesamte Anwendung erstellen und darüber hinaus auch Repositories strukturieren und Tests durchführen. Der Experte rät Unternehmens-Teams jedoch mit Blick auf die Testabdeckung und Konformitätsprüfungen auch in dieser Phase dazu, menschliche Profis hinzuzuziehen.
- In der Bereitstellungs- und Wartungsphase könne KI laut dem CTO dazu genutzt werden, Apps bereitzustellen und zu warten. Dieser Part könne jedoch auch vollständig außerhalb der Vibe-Coding-Erfahrung abgewickelt werden, um den Unternehmensanforderungen zu entsprechen, so Croce.
Empfehlenswerte Vibe-Coding-Tools
Vibe-Coding-Tools decken ein breites Spektrum ab: Vom leicht zugänglichen, dialogorientierten Builder für nicht-technische Teams, bis hin zu integrierten Entwicklungsumgebungen (IDEs), die Engineers umfassende Kontrollmöglichkeiten bieten und zuverlässige Anwendungen gewährleisten. Die Wahl des richtigen Tools hängt von den Fähigkeiten des Teams, dem Projektziel und dem benötigten Maß an Governance ab.
Eine kleine Auswahl empfehlenswerter Tools für Vibe-Coding-Zwecke:
- Cursor ist eine KI-integrierte IDE, mit der sich mehrere Dateien bearbeiten lassen.
- Replit ist eine gute Wahl für Browser-basierte Entwicklungsarbeit.
- Bolt und Lovable sind Builder, eignen sich vor allem für schnelles Brainstorming und zeichnen sich durch überschaubaren technischen Aufwand aus. Diese Tools sind daher auch für Einsteiger geeignet.
- Windsurf und Zed sind vollständige IDEs, die darauf ausgelegt sind, Vibe-Coding-Funktionen in traditionelle Dev-Umgebungen zu integrieren.
Diese Risiken birgt Vibe Coding
Trotz der genannten Vorteile birgt der Vibe-Coding-Ansatz auch diverse Risiken mit Blick auf die Wartbarkeit und Anfälligkeit der generierten Logik. So warnt etwa ShadowDragon-Managerin Mortlock: “Sicherheitslücken und technische Schulden sind die Hauptprobleme in Zusammenhang mit Vibe Coding. KI kann manchmal unsichere Pattern oder auch veraltete Bibliotheken einbinden.”
Zudem sei KI-generierter Code in den meisten Fällen auch länger, was das Debugging langwierig und mühsam gestalten könne, erklärt Mortlock. Sie fügt hinzu: “KI verweist unter Umständen auch auf nicht existierende Packages, was auch böswillige Akteure ausnutzen könnten. Was wie funktionierender Code aussieht, kann versteckte Fallen bergen.”
Charles Ma, Software Engineer beim Observability-Spezialisten Chronosphere, sieht ein weiteres Problem, das die Angriffsfläche potenziell vergrößert: “Selbst erfahrene Engineers können selbstzufrieden werden und dann Probleme übersehen, die ihnen sonst nicht entgangen wären. Sobald KI-Tools mit externen Systemen verbunden sind oder Websuchen durchführen, besteht außerdem das Risiko von Prompt Injections und Toolchain-Exploits.”
Infrastruktur-Profi Pardalis fokussiert mit Blick auf die Risiken von Vibe Coding vor allem die Bereiche Volatilität und Sichtbarkeit: Weil dieser Ansatz für schnelle Iterationen und Modellautonomie förderlich sei, bestünden die Hauptrisiken in unkontrollierter Variabilität und undurchsichtigen Quellen. Um diese Probleme zu bekämpfen, appelliert Pardalis für:
- Lineage Tracking: Jede Version wird committet und verwendet Frameworks mit integrierter Traceability.
- Evaluierungsschleifen: Qualitäts- und Regressionsprüfungen werden automatisiert durchgeführt.
- Governance-Layer: Prompt-Historien werden auditiert und sensible Daten gefiltert.
Der Engineering-Profi ist der Ansicht, dass eine expressive, modellgesteuerte Softwareentwicklung und eine deterministische Infrastruktur unter disziplinierten Rahmenbedingungen koexistieren können: “Letztendlich verspricht Vibe Coding kein Chaos, sondern strukturierte Kreativität. Sie entwickeln Ideen schnell, setzen sie aber sicher um. Mit anderen Worten: Freiheit am Anfang, Disziplin im weiteren Verlauf – so kann Vibe Coding tatsächlich in Produktionsumgebungen skaliert werden.”
6 Tipps für effektives Vibe Coding
Da Sie nun umfassend über alle Aspekte des Vibe-Coding-Ansatzes informiert sind, geben wir Ihnen abschließend noch ein paar Tipps an die Hand, um Ihre eigene Initiative erfolgreich umzusetzen. Diese haben wir aus unseren Gesprächen mit den im Artikel zitierten Spezialisten zum Thema extrahiert
- Beginnen Sie mit Zielen, nicht mit Funktionen: Beschreiben Sie zunächst die gewünschte User Experience und die wesentlichen Geschäftsprobleme, die mit der Initiative gelöst werden sollen. Dabei müssen Sie es nicht übertreiben und jeden Button oder Screen definieren – für relevante Lösungen ist es entscheidend, der KI so genau wie möglich zu beschreiben, was erreicht werden soll.
- Planen Sie voraus: Vibe Coding ist nicht in der Lage, eine gute Architektur zu ersetzen. Bevor Sie KI hinzuziehen, sollten Sie deshalb sicherstellen, dass Design und Spezifikationen stimmen. Das erleichtert es der KI, “Intent” in kohärente Systeme zu übersetzen.
- Verstehen Sie KI als Partner: Es gilt, mit Vibe-Coding-Tools zu kollaborieren. Diese Werkzeuge brauchen Anleitung und ihre Ergebnisse müssen überprüft werden. Blindes Vertrauen kann an dieser Stelle kontraproduktiv sein. Sie sollten deshalb nicht zögern, die KI-generierte Logik in Frage zu stellen.
- Nutzen Sie Frameworks, Kontext und Beispiele: Etablierte Frameworks zu nutzen, erspart es Ihnen alles von Grund auf neu zu entwickeln. Die KI mit Beispielanwendungen zu füttern oder (vertrauenswürdige) MCP-Server hinzuzuziehen, um Kontext in größeren Projekten zu managen, kann ihre Fähigkeiten erweitern.
- Halten Sie Menschen – und Security – im Loop: Setzen Sie auch bei Vibe- respektive KI-Coding-Tools auf das Least-Privilege-Prinzip – und Review-Prozesse. Engineering Best Practices anzuwenden, empfiehlt sich ebenfalls: Generieren Sie Tests, verifizieren Sie Funktionalitäten. Und betrachten Sie die Tools als Kreativitäts- und Produktivitäts-Support. Nicht als Substitut für Skills und Knowhow.
- Iterieren und verfeinern Sie: Nehmen Sie mit BLick auf Vibe Coding Abstand vom Streben nach Perfektion (auch wenn es Ihnen widerstrebt) und finden Sie sich möglichst frühzeitig mit unvollkommenen Ergebnissen ab. Tracken Sie Prompts, cachen Sie Checkpoints und verfeinern Sie die Ergebnisse – solange, bis der “Flow” zu einer zuverlässigen Funktionalität wird.
(fm)
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Quelle:
Fehler im Recruiting-Prozess: So vergraulen Sie Fachkräfte | Computerwoche




